Nach längerem Überlegen hab ich mich nun dazu entschlossen, dem Thema *Sternenkinder* eine eigene Seite zu widmen. Zum einen weil ich selbst betroffen bin, und zum anderen weil ich finde, dass das Thema immernoch zu sehr ausgeklammert wird und Betroffene einfach allein gelassen werden. Wenn ich nur einer einzigen Sternchenmami mit dieser Seite helfen kann, hab ich mein Ziel schon erreicht!
Sternchen
Sternenkinder sind Kinder, die die Erde viel zu früh schon wieder verlassen mussten(- oder wollten?…) Sei es noch im Bauch, bei, oder kurz nach der Geburt. Etwa 20 % aller Schwangerschaften enden als Fehlgeburt- viele davon wahrscheinlich auch unerkannt, weil die Fehlgeburt einfach so früh passiert, dass man noch gar nichts von der Schwangerschaft wusste. Dementsprechend unterschiedlich kann eine Fehlgeburt ablaufen. Bei einer frühen Fehlgeburt hat man vielleicht nur eine verspätete und etwas stärkere Regelblutung. Je später, desto ähnlicher wird eine Fehlgeburt einer richtigen Geburt. Oder man merkt gar nicht, dass das Baby gestorben ist, bis man beim Arzt gesagt bekommt, dass das Herzchen nicht mehr schlägt…
Ich selbst habe zwei Sternchen. Das erste starb unbemerkt etwa in der 9. Schwangerschaftswoche, das zweite in der 12. Woche.
Von der medizinischen Seite her wird meist, wenn sich noch Gewebe in der Gebärmutter befindet, eine sogenannte Kürettage oder Ausschabung notwendig. Das ist eine kurze Operation, bei der der Muttermund künstlich erweitert, und die Gebärmutter sozusagen „gesäubert“ wird.
Kleine Geburt
Manchmal reagiert der Körper aber auch von selbst und eine OP ist nicht nötig. Das wird den meisten aber nicht gesagt- man wird routinemäßig sofort zur Ausschabung geschickt, was sehr traumatisierend sein kann. Auf eine sogenannte „kleine Geburt“ zu warten, kann eine Alternative sein. Im Internet lassen sich auch einige Erfahrungsberichte finden.
Ich habe 6 Wochen lang gewartet, und versucht mit natürlichen Mitteln nachzuhelfen, bis ich dann schließlich doch ins Krankenhaus bin. In diesen 6 Wochen habe ich verzweifelt nach einer Hebamme gesucht, die mich bei einer „kleinen Geburt“ begleitet, aber leider keine gefunden, die sich darauf eingelassen hätte. Eigentlich steht einem nämlich auch bei einer Fehlgeburt eine Hebamme zu- das wissen auch die wenigsten!
Hier eine schöne Internetseite, die auch für mehr Aufklärung bei frühen Verlusten plädiert, mit vielen Links, Erfahrungsberichten und Infos für ganz frisch Betroffene.
Schwarzes Loch
In jedem Fall bricht ein Traum über einem zusammen, man stürzt in ein großes schwarzes Loch, das plötzlich einfach da ist ohne dass man es hat kommen sehen. Die eigene Welt steht still, während sich die Welt draußen erbarmungslos weiterdreht. Und man muss akzeptieren, dass eine Zukunft vor einem liegt, die anders sein wird als man eigentlich geplant hat.
Auch wenn sie physisch nicht mehr hier sind, und für andere vielleicht noch nichtmal „fertige“ Kinder waren, für uns werden sie immer unsere Kinder bleiben. In unserer Vorstellung haben wir sie aufwachsen sehen. Und sie sind trotzdem immernoch da: in unseren Gedanken, in unseren Träumen. Manchmal sogar in unseren Handlungen. Nach außen hin leben wir einfach weiter unser normales Leben, aber innen drin ist nichts mehr so wie es einmal war. Die körperlichen Wunden sind schon längst verheilt, aber die seelischen Wunden tun immernoch weh. Meistens ist der Schmerz erträglich, manchmal vergisst man ihn sogar, aber manchmal lähmt er.
Alles ist anders
Die kleinen Wesen haben uns trotz (oder gerade wegen) ihres kurzen Lebens tief berührt und unser Leben verändert.
Da ist zum einen die Angst vor einer weiteren Fehlgeburt, die uns bei jeder weiteren Schwangerschaft begleiten wird. Die Angst, dass man vielleicht nie Kinder bekommt. Keine eigene Familie hat, keine Enkelkinder, … Jedesmal wenn man Kinderwägen, Schwangere oder glückliche Familien mit kleinen Kindern sieht, wird man daran erinnert, dass bei einem selber etwas fehlt. Heißt es deswegen auch FEHLgeburt?…
Ich wüsste so gerne, ob ich in diesem Leben noch Kinder haben werde, oder nicht. Dann könnte ich meine Energie entsprechend ausrichten. Dieses In-der-Luft-hängen und schwanken zwischen Hoffnung und Resignation macht mich ziemlich fertig.
Aber man lernt auch, sich mit unangenehmen Themen wie dem Tod zu arrangieren. Leben und Tod gehören schließlich zusammen, sind ein ewiger Kreislauf.
Und das Leben geht trotzdem weiter…
Was mir geholfen hat damit zu leben, war dem Ganzen einen Sinn zu geben. Ich bin überzeugt davon, dass nichts ohne Grund passiert. Auch wenn man den Sinn manchmal vielleicht erst viel später erfährt. Meine beiden Sternchen waren soetwas wie Wegweiser für mich, Wegweiser in eine Richtung, die ich eingeschlagen habe.
Außerdem war es für mich sehr wichtig, Rituale zu gestalten für den Abschied. Ein Gedicht, oder ein Abschiedsbrief, der verbrannt wird… dem Sternchen einen Namen geben… ein kleines Gefäß aus Ton mit einem Sternchen-Ohrring… und ein schöner Ort.
Und der Austausch mit anderen Sternchenmamis in einem Forum hat mir in meiner Verzweiflung und Trauer viel geholfen- man fühlt sich nicht so alleine gelassen und hat andere, die die eigenen Gefühle verstehen. Zum Forum gehört auch diese Internetseite mit Infos zum Thema, auch für Angehörige- denn gerade Angehörige und Freunde wissen oft nicht, wie sie damit umgehen sollen.
Ich glaube auch an Reinkarnation, und der Gedanke, dass Sternchen Seelen sind, die nur noch diese eine kurze Inkarnation für ihren Weg gebraucht haben, macht es für mich erträglicher. Vielleicht bin ich auch ein bisschen stolz, dass meine mittlerweile drei Sternchen mich dafür ausgewählt haben…
Hier habe ich einen Bericht über meine kleine Geburt mit meinem dritten Sternchen veröffentlicht:
*In Gedenken an meine drei Sternchen*
Gerade erst entdecke ich diese Seite hier…
All diese Gedanken kenne ich nur zu gut. Ich bin mir sicher unsere Sternchen passen gut auf unsere Folgekinder auf ❤
20%, das hört sich so wenig an. Oder doch viel. Je mehr ich darüber gesprochen oder geschrieben habe, desto mehr Erfahrungsberichte von anderen Frauen musste ich erfahren. Wie du sagst, es wird alles seinen Sinn haben, auch wenn man ihn vielleicht erst später erkennen kann. Daran glaube ich auch ganz stark!
Habe die Seite erst heute entdeckt. Meist werden Sternchenkinder todgeschwiegen, erst in der letzten Zeit ist man sich bewusst, dass man auch Abschied nehmen sollte, da man die Trauer sonst ein Leben lang mit sich herumträgt. Ich selbst habe 10 Sternchenkinder wobei 2 über eine Woche gelebt haben. Keines davon durfte ich im Arm nehmen oder mich von ihm verabschieden. Bin schon 60+ und an manchen Tagen speziell an Geburtstagen der Kinder falle ich in ein tiefes Loch. Den Sinn darin, dass sie von mir gegangen sind habe ich bis heute nicht erkannt. Deinen letzten Satz mit der Reinkarnation empfinde ich genauso es ist der einzige Trost.
Alles Liebe Karin
Ich hoffe es geht dir gut, da seit Jänner nicht mehr neues im Blog steht.
gut, dass du dich entschieden hast, diese seite zu machen!
mein sternenkind starb unbemerkt in der 14. woche, es wäre jetzt schon 18. damals gab es das internet in der heutigen form noch nicht, doch worte wie deine zu lesen hätte mir damals sehr geholfen.
es ist unvergessen, ebenso wie die dunkle, traurige zeit nach seinem tod. auch ich habe trost in der irgendwann entstehenden sicherheit gefunden, dass dieses kurze leben einen sinn hatte – für das sternchen selbst und gewiss auch für mich.
den schmerz hinter mir zu lassen, dabei hat mir sein jüngerer bruder geholfen, der im herbst 18 wird & ohne das frühe ende der ersten schwangerschaft gar nicht in meinem leben wäre.
Bin eben auf diese seite hier gestoßen. normalerweise kommentiere ich nie irgendetwas, aber dieses Thema berührt mich sehr. Ich selbst habe 5 Sternchenkinder. Die meisten zwischen der 7ten und 9ten Woche und eine in der 14. Woche. Ich war oft am Boden, mit den Nerven am Ende. Ich wurde 2 mal ausgeschabt. Dann habe ich ein gutes Buch gefunden: Gute Hoffnung, jähes Ende. Das kann ich nur empfehlen. Lichtblicke: ich habe jetzt drei gesunde Kinder und bin sehr stolz auf sie, aber meine Sternchen hab ich für immer im Herzen.
Hallo, durch Zufall bin ich auf deine Seite gekommen und habe eben den Sternchenbeitrag gesehen.. Ehrlich gesagt habe ich kurz mit mir gerungen ob ich es lesen sollte, bin nun aber froh es getan zu haben.
Im August letzten Jahres kam unsere Tochter nach zehn Schwangerschaftsmonaten tot zur Welt. In den letzten drei Tagen vor der Geburt muss sie gestorben sein, den Grund wissen wir nicht. Ich habe es geahnt, das sie tot ist, aber ich wollte eine ruhige Geburt daheim haben, und so war es. Unsere erste Tochter ( mittlerweile 2 Jahre), war ein Kaiserschnitt mit abschließender 2 wöchiger Intensivstation, deswegen war mir diesmal so wichtig, die Geburt in Ruhe ohne fremde Eingriffe haben zu dürfen.
Es ist sehr schwer damit umzugehen, der Alltag, unsere Tochter und das drum herum hilft. Nachts, vor allem abends, wenn mein Mann ab und zu nicht da ist, kommt das tiefe Loch.. Ein Glück kann ich ihn jederzeit erreichen und er kommt heim.. Ohne ihn wüsste ich nicht, wie ich das durchstehen sollte..
Der Gedanke, das ihre Seele doch nicht bereit für die Welt war oder wie in dem Beitrag mit der Reinkarnation, hilft. Dennoch halte ich hin und wieder Zweisprache mit mir und ihr und versuche es zu verstehen..
Da wir in Frankreich leben, wurde sie verbrannt und wir durften ihre Asche an einem Ort unserer Wahl verstreuen. Für uns als sehr naturverbundenen Menschen war dies ein wunderbare Form Abschied zu nehmen und ihre Seele wieder der Natur zurückzugeben.
Es ist das erste mal, das ich darüber “ öffentlich“ schreibe und hoffe, es kam verständlich rüber.
Lg, Sandra
Liebe ENEMENE, Danke für Deinen Beitrag!!! Es ist sooo wichtig dieses Thema zu enttabuisieren! Deswegen sage ich jetzt mittlerweile (5 Jahre danach): ich hab 4 Kinder, 3 sind bei mir und das 4te ist bei den Sternen. Das kam sehr schnell nach Nr. 3 und es war nicht bereit zu bleiben. Damals waren mein Mann und ich erleichtert dass nicht „schon wieder eins“ unterwegs ist. Ich hab dem Ungeborenen Leben damals keinen Raum gegeben und hatte auch einfach einen „Abgang“ ohne Curitage. Ich war erst Wochen danach beim Frauenarzt um mich zu vergewissern dass alles passt und somit war alles recht unspektakulär. Wir haben darüber geschwiegen und ich hatte ja auch meine 3 noch sehr kleinen Kinder und war voll im Einsatz. Wir hatten keine Zeit für das Thema und ich hab den Tod einfach bei Seite geschoben. Über zwei Jahre danach kam alles raus bei einer Transformationsreise auf Lanzarote. Ich hab es zuerst nicht gecheckt- wir haben uns mit unseren Ängsten befaßt und mir war klar dass meine größte Angst ist eines meiner Kinder zu verlieren- da viel es mir wie Schuppen von den Augen: ICH HAB BEREITS EIN KIND VERLOREN. Ich hab fast zwei Tage nur geweint und getrauert. Ich hab dem Wuzi dann einen Namen gegeben und ihm einen Brief geschrieben und hab damit ein kleines Packerl mit einem Steinchen gemacht welches ich am Abschlussabend ins Lagerfeuer warf und konnte mich somit endlich verabschieden.
Wir ziehen jetzt bald um und haben dann einen großen Garten und da möchte ich einen Apfelbaum für das Wuzi pflanzen und mit den Kids feiern dass sie noch ein Geschwisterchen im Himmel haben dass sie dann immer besuchen können.
Liebe Gudrun, vielen Dank fürs Teilen deiner Erfahrung. Vieles davon kommt mir so bekannt vor… Ja, es ist so wichtig, dass wir unsere Geschichten teilen und nicht verschweigen! Meine drei Sternchen haben auch alle Namen. Ich merke auch jetzt immer wieder noch, dass ich bei dem dritten Sternchen noch irgendwo zwischen Verdrängen und Wut hänge…Ein Apfelbaum ist eine sehr schöne Idee! ❤