Elternsein, Geburt, Schwangerschaft

Babymiez‘ Geburtsbericht: Hausgeburt im Krankenhaus

Nach über einem Jahr bin ich nun endlich bereit dazu, den Geburtsbericht zu veröffentlichen. Es ist ja doch etwas seeeeehr persönliches. Aufgeschrieben hab ich es gleich kurz nach der Geburt, und ich bin froh darüber, denn viele Details sind inzwischen verblasst.

Ich hatte mir schon gleich zu Beginn der Schwangerschaft eine Beleghebamme gesucht, die auch Hausgeburtshebamme ist. Die Vorsorge habe ich im Wechsel bei der Frauenärztin und bei der Hebamme gemacht. Wegen meinem Gerinnungsdefekt war eine Hausgeburt aber leider von vorneherein ausgeschlossen, was mir eine Weile zu schaffen gemacht hat. Irgendwann habe ich mich dann damit abgefunden, geholfen hat mir dabei unsere Geburtswunschliste, die wir beim Vorgespräch im Krankenhaus mit abgegeben haben.

Nachdem ich ja seit der 26. SSW mit vorzeitigen Wehen bzw. häufigen Kontraktionen zu tun hatte, hatte ich nie daran geglaubt, doch soo nah an den ET heranzukommen…

Vorbereitung

Ab der 21. SSW hab ich angefangen, mich mit „HypnoBirthing“ auf die Geburt vorzubereiten. Zum Buch dazu gibt es eine CD mit Entspannungsübungen, zusätzlich haben wir noch einen Kurs bei Stefanie Glaser besucht. Zu HypnoBirthing werde ich noch einen extra Artikel schreiben. Nach und nach konnte ich das durch die zwei vorangegangenen Fehlgeburten verlorene Vertrauen in meinen Körper wieder aufbauen.

In der 36. Woche starteten wir dann sogar mit geburtsvorbereitender Akupunktur. 3 Termine im wöchentlichen Abstand. Der letzte war am Mittwoch, den 9.11.

Der ET (18.11.) rückte näher und näher, und so langsam wurde ich doch ungeduldig, weil im KH theoretisch am Termin eingeleitet werden sollte wegen der Gerinnungsgeschichte. Natürlich nur, wenn ich auch einwillige, aber ein bisschen unter Druck gesetzt hab ich mich dann seit dem Arztgespräch schon gefühlt. Ich wollte keinesfalls eine Einleitung, lieber hätte ich noch alles mögliche ausprobiert von Rizinuscocktail bis Einlauf.

Mit meiner Hebamme hab ich dann ausgemacht, dass ich mir für Sonntag, den 13.11. Rizinuskapseln besorge, und wir dann einfach gucken was passiert. Sie arbeitet gern Sonntags, und der 13. wäre mein Wunschdatum gewesen, also perfekt 😉

Ich hab mir die Rizinuskapseln gekauft- allerdings in einer geringeren Dosierung als die Hebamme gesagt hat, sodass ich 80 St. hätte nehmen müssen, um auf die 2 EL eines Rizinuscocktails zu kommen. Das war mir dann doch bisschen zu viel, zumal ich nur eine Packung gekauft hatte. Und den Gedanken während der Geburt dann Durchfall zu haben, fand ich auch nicht grade prickelnd.

Kurz vor der Geburt habe ich noch schnell das Buch „Birthing from Within“ bestellt, innerhalb von zwei Tagen durchgelesen und es bereut, dass ich es mir nicht schon früher gekauft hatte. Es ist DAS Buch, das ich gesucht habe. Es hat die praktischen Tipps und Ratschläge, die in „Die selbstbestimmte Geburt“ fehlen, und das Weiblich-Spirituelle, das ich beim „HypnoBirthing“ etwas vermisse. Leider reichte dann die Zeit nicht mehr für die Übungen, aber allein, es noch gelesen zu haben hat mich schon enorm beruhigt. Bei der nächsten Schwangerschaft (also jetzt ;-)) will ich mich damit dann noch viel mehr beschäftigen.

Geburt

Da sich wehentechnisch bis zum 12.11. noch nicht viel getan hat, hab ich also am Samstag abend ein Senfmehlfußbad gemacht, mir dabei mit den letzten Tropfen vom Weleda Schwangerschaftsöl den Bauch einmassiert, und das kleine Kätzchen gebeten, sich doch mal langsam auf den Weg zu machen…

Am nächsten morgen im Bett dann merke ich regelmäßige Kontraktionen, so etwa alle 10 Minuten, ab ca. 6.50 Uhr. Ich werde ein bisschen aufgeregt- geht es tatsächlich heute los? Es ist der 13. ! Sicherheitshalber stehen wir gegen 8 Uhr auf, ich gehe duschen und Haare waschen, wer weiß wann ich das nächste Mal dazu komme 😉

Die Kontraktionen werden tagsüber regelmäßiger, die Abstände langsam kürzer, und allmählich kann ich dann doch auch von „Schmerz“ sprechen. Die schmerzhaften Phasen dauern anfangs noch ca. nur 20 Sekunden.

Wir gehen nachmittags nochmal eine ¾ Stunde lang langsam spazieren, beim Laufen dann kommen die Kontraktionen alle 3 Minuten, ich kann sie am besten aushalten, wenn ich in Bewegung bleibe und mit der Hypnobirthing-Bauchatmung „dagegen“ atme. Zum Aufwärmen nach der Kälte gibt’s Punsch mit extra viel Zimt und Nelken, und Lebkuchen.

Gegen 17 Uhr rufe ich die Hebamme an, dass es heute evtl. noch was werden könnte… Regelmäßige Wellen alle 5 Minuten, aber schmerzhafte Phase noch keine 40-60 Sekunden. Ich soll mich ablenken und versuchen zu entspannen, wenn ich will kann ich in die Wanne. Mache ich auch, gegen 18 Uhr. In der Wanne werden die Wellen zuerst weniger, als ich wieder draußen bin dafür die Abstände wieder kürzer und auch die schmerzhafte Phase länger, jetzt bin ich bei 40-60 Sekunden! Oha!

Ich mache weiter die Bauchatmung, stöhne leise vor mich hin und lasse mein Becken dabei kreisen, das macht einiges aus in Punkto Schmerzempfinden. Auf dem Gymnastikball Spiralen kreisen ist auch gut. Ich versuche, auf dem Sofa zu entspannen, chatte noch kurz mit einer Freundin. Sie fragt, ob ich denn noch einschlafen könnte mit den Wellen- ich verneine- bei der Intensität könnte ich sicher nicht mehr schlafen- und sie rät mir, dringend mal nach dem Muttermund zu tasten. Was ich sofort mache.

Ich bin total aus dem Häuschen, ich komme zwar mit dem Finger nur grade so hin, kann aber deutlich spüren, dass der Mumu schon mindestens 2-3 cm offen ist und das Köpfchen bzw. die Fruchtblase(?) hervorschaut.

Jetzt wird es also wirklich, wirklich ernst!

Ich sag aufgeregt meinem Schatz Bescheid, und wir fangen hektisch an, die letzten Sachen in die Kliniktasche zu packen. Gegen 22.30 Uhr telefoniere ich nochmal mit der Hebamme, sie meint, ich soll Bescheid sagen, wenn ich mich in Obhut begeben will, dann fährt sie sofort los. Ich will noch nicht ins KH, lieber noch so lange wie möglich daheim bleiben. So gegen 24 Uhr halte ich es dann langsam nicht mehr aus, ohne mich irgendwo festzuhalten und anzulehnen und schon etwas lauter dabei zu stöhnen.

Also die Hebamme zum dritten Mal angerufen und Startschuss gegeben, wir treffen uns gegen 0.30 Uhr im KH. Mit dem Auto brauchen wir nur knapp 5 Minuten, wir fahren vor bis zur Eingangstür, Schatzi muss das Auto dann noch wegbringen, ich warte solange im Eingangsbereich. Die Zeit kommt mir vor wie die Ewigkeit…

Wir klingeln an der Tür zum Kreißsaal. Zuerst geht es ins CTG-Zimmer, regelmäßige Wellen alle 3 Minuten. Dann kommt auch schon meine Hebamme dazu, tastet den Mumu, der mittlerweile schon bei 6-7 cm ist! Der Kopf von Babymiez steht oberhalb vom Schambein.

Ich ziehe meine „Geburtsklamotten“ an, und wir ziehen ins Wehenzimmer nebenan um. Kreißsäle sind in dieser Nacht tatsächlich ALLE belegt! Die Hebamme improvisiert…holt einen Gebärhocker, eine Matte zum Draufknien, einen Geburtsball, eine Duftlampe aus dem Bad nebenan.

Ich befinde mich in einer Art dämmerndem Wachzustand, weit weg von der Außenwelt, arbeite mich von Welle zu Welle.

Irgendwann fange ich an am ganzen Körper an zu Zittern, die Hebamme gibt mir dagegen Gelsemium C30. Irgendwann hab ich trotz Wollsocken eiskalte Füße, ich bekomme eine Fußmassage mit einem Stadelmann-Öl. Um 3 Uhr ist der Muttermund bei 7-8 cm. Ich probiere verschiedene Stellungen aus: im Knien auf dem Bett, mit den Armen auf dem Kopfteil abgestützt, dabei massiert die Hebamme mein Steißbein, sehr angenehm.

Dann stütze ich mich im Stehen vor dem Bett auf dem Geburtsball ab, der auf dem Bett liegt. Warten auf die nächste Welle, mitatmen, tönen… Zeitgefühl hab ich absolut keines mehr. Mein Kopf ist vollkommen leer, ich bin einfach nur HIER, und gleichzeitig weit weg. In „Labour Land“, wie es auf Englisch so treffend heißt. Versuche, mit dieser unglaublichen Kraft mitzugehen.

Um kurz vor 5 schickt mich die Hebamme aufs Klo zum Pullern, mit der Absicht, die Fruchtblase zum Platzen zu bringen. Ich zieh mir den Bademantel an, setz mich aufs Klo, die nächste Welle kommt, ich stöhne dazu und „PFLATSCH“- ist sie auch schon geplatzt, und ein Schwall Fruchtwasser plätschert ins Klo. Wie eine Wasserbombe hat sich das angehört, ich war total baff!

Um 5.10 Uhr ist dann der Mumu auch schon vollständig offen, das Fruchtwasser klar, Baby steht bei Beckenmitte. Ab jetzt kann ich dann nicht mehr mit der Hypnobirthing-Bauchatmung weitermachen, ich muss richtig laut mit den Wellen mitstöhnen, hab ab da dann kurz und tief ein- und lange auf Aaaaaaaaaaaa ausgeatmet.

Dann sitze ich kurz mal auf dem Geburtshocker, dann im Knien vor Schatzi, der auf dem Geburtsball sitzt. Immer wenn eine Welle kommt, werfe ich mich ihm auf den Schoß, in der Pause zwingt die Hebamme mich wieder hoch.

Das war mit der anstrengendste Teil der Geburt, weil die Phase recht lang gedauert hat. In jeder Pause zwischen den Wellen muss ich einen Schluck trinken, weil mein Mund vom Stöhnen (mittlerweile schon fast Schreien) so trocken ist. Ich kann mich aber in den kurzen Pausen ganz normal unterhalten, nur wenn die nächste Welle anrollt, bin ich wieder „weg“. Und die rollen immer heftiger an…es ist ein unglaublicher Druck nach unten, als ob ich groß aufs Klo müsste. Und auch der Druck wird immer größer. Die Hebamme macht zwischendurch immer wieder Dammassage und legt Kompressen auf den Damm.

Dann sitze ich auf dem Geburtshocker, Schatzi hinter mir zum Anlehnen, er muss ganz schön dagegenhalten. Und ich muss den inneren Schweinehund überwinden und obwohl es schon ganz schön wehtut, noch mehr mitpressen, es war tatsächlich ein PressDRANG, gegen den ich gar nichts machen kann. Der „Ring of fire“ ist dann gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Das Köpfchen zwischen den Beinen mit der Hand zu berühren, ein unglaubliches Gefühl…Um 6 Uhr gibt die Hebamme mir Coffea C 200, die Ärztin kommt mit dazu.

Ich gebe alles, presse was das Zeug hält, und habe das Gefühl, gleich explosionsartig groß zu müssen- einfach ignorieren, trotzdem mitdrücken.

Um 6:15 Uhr ist der Kopf durch, die Hebamme zieht kurz, der Rest flutscht hinterher und:

SIE IST DA!

Es ist geschafft, ich kann es kaum glauben. Spontangeburt in der 1. HHL. Sie sieht ein bisschen blau aus, Kopf, Arme, Beine, alles dran. Da war tatsächlich ein echter kleiner Mensch in meinem Bauch! Unfassbar. Sie ist ganz ruhig, kein einziger Schrei.

Ich fühle mich wie im Traum… Sehe das rote Handtuch zum Vorwärmen auf der Heizung, da hab ich sie auch schon im Arm und bin vom ersten Augenblick an total fasziniert.

Die Nabelschnur war um Schulter und Hüfte gewickelt, deswegen ist sie in der Austreibungsphase immer wieder zurückgerutscht, was die ganze Phase um etwa eine Stunde verlängert hat.

Um 6.25 Uhr schneidet Papa die Nabelschnur durch, die Hebamme nimmt das Blut für die pH-Wert-Bestimmung ab, und muss noch ein zweites Mal abnehmen, weil der erste Wert laut der anwesenden Ärztin „zu gut“ für eine solche natürliche Geburt ist.

Dann kriege ich zwei Akupunkturnadeln in den Bauch neben dem Bauchnabel verpasst, um die Plazentageburt anzuregen, und Babymiez darf an meiner Brust saugen. Der nun leere Bauch fühlt sich ganz schwabbelig an, wie ein Wasserbett…

Die Hebamme drückt kurz auf meinen Bauch, und um 6.30 Uhr wird die Plazenta geboren. Dem ersten Eindruck nach ist sie vollständig, d.h. es muss keine Ausschabung gemacht werden- die Gefahr bestand, weil sich die Plazenta aufgrund der vorherigen zwei Ausschabungen an Narbengewebe hätte festsetzen und nicht vollständig lösen können.

Die Hebamme geht dann kurz mit Papa und Babymiez zur Erstversorgung, ich bleibe alleine im Zimmer, und versuche das Erlebte irgendwie zu begreifen… ich hab das Gefühl, es passt nicht alles in meinen Kopf hinein.

Die Plazenta wird eingepackt, wir nehmen sie mit. Dann wird Babymiez mit Krankenhaus-Klamotten angezogen, in einen Schlafsack gepackt. Um 7.40 Uhr wird die U1 gemacht, ich bin nochmal kurz alleine.

Draußen dicker, grauer Novembernebel.

Um 9:10 Uhr ziehen wir um auf die Wochenstation. Wir frühstücken erstmal- Hunger hab ich ganz schön! – und schlafen dann alle eine Runde. Ich mit Babymiez im Bett, Schatzi im Sessel. Dann stehe ich zum ersten Mal ohne Babybauch auf, ein komisches Gefühl. Wir packen unsere Sachen, Babymiez wird dick in Wolle eingepackt und wir fahren nach Hause, nur 5 Stunden nach der Geburt.

Zu dritt- alles ist anders, alles ist neu.

Der Nebel ist weg, und die Sonne scheint!

Wie ich es mir gewünscht hatte, war es eine ganz natürliche Spontangeburt, ohne Medikamente oder Geburtsverletzungen, und  Dafür bin ich soooo dankbar! Inwieweit ich das der Vorbereitung, sowohl psychisch als auch physisch, zu Verdanken habe kann ich nicht sagen. Geschadet hat es denke ich aber keinesfalls. Und wir waren die ganze Zeit über, bis kurz bevor Babymiez geschlüpft ist, nur mit unserer Hebamme alleine. Eine „Hausgeburt im Krankenhaus“.

3 Gedanken zu „Babymiez‘ Geburtsbericht: Hausgeburt im Krankenhaus“

  1. Wow! Danke für den wunderbaren Bericht, ich habe bis zum letzten Wort richtig mitgefiebert! 🙂 Ich habe zuvor noch nie einen Geburtsbericht gelesen, es war eine ganzneue Erfahrung für mich. Nun, wo alles so wunderbar geklappt hat, siehst Du bestimmt Deiner nächsten Geburt ganz entspannt entgegen, oder? 🙂

    1. Sollte man meinen, ja… aber es gibt wahrscheinlich nichts, was unberechenbarer ist, als eine Geburt 😉 Es kommt vor, dass geplante Hausgeburten als Notkaiserschnitt enden, oder ein Baby kommt so schnell, dass man es nicht mehr ins KH schafft… Ein bisschen entspannter bin ich diesmal aber schon, weil ich ja jetzt zumindest so ungefähr weiß, was auf mich zu kommt 😉

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